Wie soll das gehen?
Irgendwie funktioniert das nicht! Wir haben so viel schon versucht! Wir können nicht auf alle Bedürfnisse der Kinder Rücksicht nehmen… Das sind einige Äußerungen, die ich oft von Kita Teams höre, wenn es gerade jetzt, in Zeiten von Personalmangel und stetig steigenden Anforderungen, um das Thema Raumgestaltung geht.

Klar, gerade jetzt, stehen viele Kitas vor der Herausforderung, eine anregende und förderliche Umgebung für Kinder zu schaffen, aber wie soll das, mit immer weniger Zeit für Beobachtung von Interessen und Bedürfnisse der Kinder, Austausch und Umsetzung gehen?
Die Raumgestaltung ist dabei nicht nur eine Frage der Ästhetik oder alle Bildungsbereiche irgendwie gerecht unterzubringen, sondern ein ständiger Prozess, der auf die Spiel- und damit Bildungsprozesse der Kinder großen Einfluss hat.

Herausforderung: Lautstärke und Unordnung
Kennt ihr das auch? Die Kinder werden, gefühlt, immer lauter in den Räumen, finden nicht ins Spiel und gehen nicht sorgfältig mit den Materialien um.
Oftmals führt dies dazu, dass Spielmaterialien unzugänglich gemacht werden – sie werden hoch auf die Schränke gestellt oder ganz weggeräumt. Die Regeln werden verschärft, in der Hoffnung, dass dies die Situation verbessert. Doch leider erreichen wir damit oft das Gegenteil: Die Räume werden enger, die Kinder finden noch weniger Zugang zum Spiel und das Chaos nimmt zu.
Der Raum verträgt kein NEIN: um so mehr Ihr für die Einhaltung von Regeln, Ordnung etc. aktiv, im Geschehen, sogen müsst, arbeitet der Raum gegen Euch.

Eine Lösung kann eine sinnvolle Reduktion auf das Wesentliche sein. Mit welchen Materialien spielen die Kinder gerade gerne und viel? Was ist zu viel im Raum, was zu wenig? Können ggf. ganze Spielbereiche aus dem Raum verschwinden? Oft sind die Räume mit viel zu vielen Angeboten überfrachtet und in den einzelnen Spielbereichen ist dann zu wenig Platz, um wirklich in einen Spiel- Flow zu kommen. Es gibt also viel, aber von dem „Falschen“.

Auch die Reflexion der bestehenden Regeln kann hilfreich sein. Die Bedürfnisse der Kinder und ihre Entwicklungsaufgaben verändern sich stetig, die Regeln (z.B. Zugänglichkeit von Spielmaterialien, Anforderungen der Spielmaterialien - nach Alter der Kinder) im Raum sollten sich dem Anpassen. Finden noch alle Kinder etwas Spannendes, oder müssen Materialien, Spiele etc. ausgetauscht werden? Max. Drei Kinder in der Bauecke? – Vielleicht ist die Konstruktionsecke zu klein? Was kann dafür raus? Waren alle Kinder der Gruppe beim Ausarbeiten der Regeln dabei?

Ein Spiel = ein Platz! Durch die Reduktion können sinnvolle Ordnungssysteme besser etabliert werden. Fünf oder mehr Gesellschaftsspiele oder Puzzle übereinander (zumal sie gerade nicht oft gespielt werden) müssen zu Unordnung in den Regalen führen. Schafft Entlastung, in dem Ihr „nur“ die gerade angesagten Spiele im Regal habt. Durch Karteikästchen o. Ä. mit denen in Abstellkämmerchen etc. befindlichen Spielen und Materialien, könnt Ihr Transparenz für die Kinder schaffen und sie können selbstbestimmt, die Materialien austauchen.
Herausforderung: Zu viele Kinder auf engem Raum
Denkt Eure Kita nicht Gruppen- Raum für Gruppen-Raum mit jeweils allen Bildungsbereichen, sondern nehmt gemeinsam die gesamte Kita in Beschlag. Können ggf. Schwerpunktbereiche in den einzelnen Gruppen entstehen. So haben die Kinder in den Freispielzeiten mehr Raum zur Verfügung, um selbst
bestimmt spielen zu können und die Räume werden entlastet.
Das schont auch das Budget, denn Ihr benötigt nicht mehr alles in allen Räumen, sondern könnt besser, auch nach Kinderinteressen, selektieren. Z.B. in einen Raum befindet sich (wenn Ihr nicht sowieso schon in Funktionsräumen arbeitet) eine Puppenküche mit allem, was dazu gehört, in einem anderen Raum gibt es dafür eine große Verkleidungsecke. Der Vorteil ist, dass die Kinder besser in einen Spiel-Flow kommen, anstatt durch zu wenig Materialien und Platz ständig begrenzt zu werden.

Herausforderung: zu wenig Platz
Denkt darüber hinaus auch Eure Nebenräum, Flure und das Außengelände (Turnhalle) mit. Achtet darauf, dass besonders die Nebenräume nicht zu durchdesignt sind. Schafft lieber durch Flexibilität z.B. durch fahrbare Möbel auf Rollen, Kisten etc. für die Kinder die Möglichkeit, die Räume selbst in Beschlag zu nehmen. So können Kinder hier auch „allein“ tätig werden.
In Fluren sind besonders Spielbereiche geeignet, wofür sowieso Traffic benötigt wird. Rollenspielbereiche wie z.B. der Einkaufsladen müssen nicht zwingend in einem geschlossenen Raum oder Ecke gestaltet sein.

Fahrbare Spieltische und bespielbare Wände bieten weitere Möglichkeiten selbst bestimmt zu spielen, die Räume zu entlasten und die „kleinen“ Alltags-Übergänge besser zu bewältigen.
Insgesamt können die Räume durch mehr Flexibilität in der Möblierung entlastet werden. Was kann auf Rollen? Gibt es Spielwagen, die nach Bedarf in die Räume geholt werden können? Gibt es Klapptische oder wandelbare Möbel?

Können Spielbereiche wie z.B. der Nassbereich des Ateliers schnell durch Jalousietüren oder drehbare Regale, Wagen… geschlossen werden, wenn die Betreuung nicht mehr möglich ist? Gibt es Möglichkeiten des Rückzugs wie z.B. Zelte, Stellwände… So kann der Raum aktiv mit- und umgestaltet werden und passt sich, fast von selbst, den Bedürfnissen der Kinder und Erwachsenen an.
Zeigen die Kinder das Bedürfnis nach Bewegung… raus mit Euch und schließt eher mal Innenspielbereiche. Dazu ist eine Zusammenarbeit/gemeinsame Absprachen mit mindestens einer anderen Gruppe nötig.

Herausforderung: Zu viele Eindrücke
„Der Raum kann nicht nicht wirken“ – dieser Satz bringt es auf den Punkt. Häufig sind die Räume für die Kinder zu voll, vor allem mit sinnlichen Eindrücken. Wir nehmen alles mit allen Sinnen wahr und zu viel von dem „Falschen“ und unnötiger Deco, zu viele Sinneseindrücke (Farben, Geräusche, Beleuchtung…) kann, vor allem für besonders sensible Kinder oder Kinder mit Regulationsproblemen zu einer großen Überforderung führen. Darauf reagieren die Kinder (Schreien, Hauen, Beißen…). Dies führt dann häufig zu weiteren Problemen.
Fragen die Euch hier helfen können:
Wie wirken die Räume auf uns?
Ist es zu viel, zu wenig oder eintönig?
Können wir uns gut orientieren?
Finden wir Dinge, die uns interessieren und Möglichkeiten zum Weiter-Spielen?
Haben die Räume einen klaren Aufforderungscharakter?
Passen sie zu den Interessen und Entwicklungsaufgaben der Kinder?
Gibt es eine gute Balance zwischen Alleinspiel und Zusammensein?
Wie steht es um die Balance zwischen innen und außen?
Fühlen wir uns selbst wirksam und finden unseren Platz?
Die Antworten auf diese Fragen sind nicht immer leicht zu finden und erfordern einen individuellen Blick auf die Gegebenheiten. Dabei muss eine gelungene Raumgestaltung nicht teuer sein. Oft können schon kleine Veränderungen, wie die Reduktion von überflüssigen Materialien und der Fokus auf das Wesentliche, große Wirkungen erzielen.
Überprüft einmal Eure Räume, ob alles, was sich darin befindet auch wirklich dort sein muss. Schafft Beruhigung! Vielfalt muss nicht immer bunt sein. Bleibt im gleichen Farbspektrum, schafft aber Vielfalt durch verschiedene Oberflächen, Materialien usw.

Herausforderung: Es ist zu laut
Die Akustik im Raum ist ein elementarer Bestandteil der Raumgestaltung. Schnell wir es zu laut in den Räumen und wir wissen selbst, was das mit uns macht: wir werden unruhig, ungehalten… und reagieren darauf dementsprechend. Wenn nicht schon beim Bau der Kita auf Akustikdecken und Lärmschutz (Arbeitsschutz) geachtet wurde, könnt Ihr durch Nachrüstung von Akustikelementen hier noch Einiges tun. Alles, was den Lärm sonst noch schluckt (z.B. Vorhänge, Teppiche, Möbel, große Kissen, Sitzgelegenheiten, Pflanzen…) unterstützt die Lärmregulierung zusätzlich.
Bietet den Kindern Stadionkopfhörer an. So lernen sie selbst für sich zu sorgen und werden auch ruhiger sein.

Eine gute Balance zwischen Ausruhen und auch mal „nur“ Zuschauen und Bewegung hilft ebenfalls.
Lasst uns gemeinsam darüber nachdenken, wie wir die Räume für die Kinder so gestalten können, dass sie zum Spielen, Entdecken und Lernen einladen. Denn letztendlich ist es unser Ziel, eine Umgebung zu schaffen, in der Kinder sich wohlfühlen und ihre Kreativität entfalten können.
Raumgestaltung ist ein spannender Prozess, der nicht nur den Kindern zugutekommt, sondern auch uns als Fachkräfte bereichert. Lasst uns diesen Weg gemeinsam gehen! Ich freue mich auf Eure Erfahrungen, Kommentare und Impulse!
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